Anfechtung der Jahresabrechnung – Streitwert

von | Samstag, 07.11.2015 | Allgemein, WEG-Recht, Wohnungseigentumsrecht

Das Gesamtinteresse aller Parteien beträgt nur einen Bruchteil des Abrechnungsbetrags, wobei die Berücksichtigung des Betrags mit einem Anteil von 25 % nicht ermessensfehlerhaft ist.

Bei der Bemessung des Einzelinteresses des Klägers ist ebenfalls nur ein Bruchteil der insgesamt eingestellten Kosten zugrunde zu legen. Wird der Beschluss vor allem mit formalen Argumenten angefochten, ist eine Bemessung des Einzelinteresses mit 25 % der nach der Einzelabrechnung auf den Kläger entfallenden Kosten nicht als ermessensfehlerhaft zu niedrig anzusehen.

Dies hat das OLG Frankfurt a. M. mit Beschluss v. 7.11.2014 − 11 W 37/14 entschieden, der wie folgt begründet worden ist:

1 Der Kläger hat die Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung angefochten. Hierbei war Gegenstand neben der Entlastung des Verwalters und einer Sanierung des Heizkessels die Jahresabrechnung 2012, deren Gesamtvolumen bei ca. EUR 140.000 lag und die eine Belastung des Klägers in Höhe von EUR 2880,68 vorsah. Gegenstand der Anfechtung durch den Kläger war insoweit die Einzel- und die Gesamtabrechnung.

2 Das Amtsgericht hat den Streitwert auf EUR 8.150,19 festgesetzt. Es hat hierbei für die geltend gemachte fehlerhafte Gesamt- und Einzelabrechnung jeweils das 5-fache Interesse von 20 % des auf den Kläger entfallenden Anteils zugrunde gelegt, mithin zweimal das 5-fache von EUR 576,13, insgesamt EUR 5.761,30. Es hat für die Verwalterentlastung EUR 1.000,00 zugrunde gelegt und den Beschluss betreffend die Sanierung des Heizkessels mit EUR 1.388,88 bei der Streitwertbestimmung berücksichtigt.

5 Das Landgericht hat mit Beschluss vom 21.8.2014, der dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 29.8.2014 zugestellt worden ist, dessen Beschwerde zurückgewiesen

6 Gegen diesen Beschluss hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit am 29.9.2014 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz weitere Beschwerde eingelegt, mit der er sein Begehren weiterverfolgt.

II. …8 Die weitere Beschwerde ist nicht begründet. Die Wertfestsetzung des Landgerichts ist nicht zu beanstanden.

9 Im Verfahren über die weitere Beschwerde ist die angefochtene Entscheidung nur daraufhin zu überprüfen, ob sie das Recht verletzt (§§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 4 Satz 2 GKG, 546 ZPO). Soweit das Beschwerdegericht ein Ermessen auszuüben hatte, ist die Nachprüfung darauf beschränkt, ob das Ermessen fehlerhaft ausgeübt worden ist, insbesondere es überhaupt ausgeübt wurde und alle wesentlichen Gesichtspunkte in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise einbezogen wurden (OLG Koblenz, Beschluss vom 18.1.2011 -5 W 21/11 -Rn. 4, juris).

10 Die vom Beschwerdeführer alleine beanstandete Bestimmung des Streitwerts für die Anfechtung des Beschlusses über die Jahresabrechnung mit EUR 3.600,85 ist danach nicht zu beanstanden.

111. Gemäß § 49 a Abs. 1 Satz 1 GKG ist Ausgangspunkt der Wertfestsetzung das Gesamtinteresse der Parteien und aller Beigeladenen an der Entscheidung, das -vorbehaltlich der Ober- und Untergrenze nach § 49 a Abs. 1 Satz 2 GKG – nach der genannten Vorschrift mit 50 % zu berücksichtigen ist.

12 Zu Recht hat das Landgericht bei der Bemessung des Gesamtinteresses aller Parteien an der Entscheidung über die Anfechtung des Beschlusses über die Jahresabrechnung nicht bloß formal auf das Gesamtvolumen der Jahresabrechnung abgestellt. Zutreffend führt das Landgericht aus, dass der Gesamtbetrag der Jahresabrechnung das Interesse aller Parteien an der Entscheidung nicht angemessen zum Ausdruck bringt, da der Streit der Parteien grundsätzlich nicht die Frage des ersatzlosen Wegfalls der Belastung, sondern deren individuelle Reduzierung oder andere Verteilung zum Gegentand hat. Die Bemessung des Interesses aller Parteien beträgt daher nur einen Bruchteil des Abrechnungsbetrags (OLG Stuttgart, Beschluss vom 12.3.2012-5 W 32/11– Rn. 15 ff.; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 12.5.2014- 19 W 22/14– Rn. 3,4; Beschluss vom 3.9.2014 – 19 W 46/14 – Rn. 7 zur Anfechtung eines Wirtschaftsplanes; jeweils zitiert nach juris), wobei die Berücksichtigung des Betrags mit einem Anteil von 25 % nicht ermessensfehlerhaft ist (OLG Frankfurt am Main, a. a. O.).

13 2. Das Landgericht hat auch bei der Bestimmung des Einzelinteresses des Klägers, dessen 5-facher Wert nach § 49 a Abs. 1 Satz 2 GKG den Höchstbetrag bildest, ausweislich seiner Entscheidungsgründe die zu berücksichtigenden Gesichtspunkte beachtet und in seine Erwägungen einbezogen. Es gilt insoweit nichts anderes als für die Bewertung des Gesamtinteresses. Auch derjenige, der eine Jahresabrechnung insgesamt anficht (nebst den entsprechenden Einzelabrechnungen), geht regelmäßig nicht davon aus, dass er am Ende ohne jedwede eigene Belastung dastehen wird, sondern dass sich lediglich ein wie auch immer gearteter Vorteil für ihn einstellt, der einem Bruchteil seiner Einzelabrechnungen entspricht. Es sind daher auch hier die Erwägungen anzustellen, die der Rechtsprechung zugrunde liegen, nach der der Bestimmung des Werts des Gesamtinteresses bei Anfechtung de Jahresabrechnung oder des Wirtschaftsplans lediglich ein Bruchteil der insgesamt eingestellten Kosten zugrunde zu legen ist (ebenso LG Itzehoe, Beschluss vom 29.8.2011 – 11 T 15/11 -, LG Frankfurt/Oder, Beschluss vom 12.8.2013 – 16 T 76/13 -, jeweils zitiert nach juris). Hier hat das Landgericht zudem ausdrücklich dem Umstand Rechnung getragen, dass der Kläger den Beschluss vor allem mit formalen Argumenten angefochten hat. In einem solchen Fall ist eine Bemessung des Einzelinteresses mit 25 % der nach der Einzelabrechnung auf den Kläger entfallenden Kosten nicht als ermessensfehlerhaft zu niedrig anzusehen (vgl. zur Bestimmung des Einzelinteresses mit einem Bruchteil des Wertes des Einzelabrechnung bei Anfechtung des Wirtschaftsplans: OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 3.9.2014 – 19 W 46/14 – Rn. 9).