BGH: Übergang des Anspruchs auf Leistung der Mietkaution auf Grundstückserwerber

von | Samstag, 15.09.2012 | Gewerbemietrecht, Mietrecht

Sachverhalt

Der frühere Eigentümer und Vermieter von Gewerberäumen verlangt von dem Beklagten als Mieter die Leistung einer Mietkaution an die neue Eigentümerin des Gebäudes.

Rechtliche Wertung

Nach Auffassung des BGH sind die Kläger prozessführungsbefugt, auch wenn es sich bei der Forderung auf Leistung der Kaution um ein eigenes Recht der neuen Eigentümerin handelt. Der Erwerber eines gewerblich vermieteten Hausgrundstücks trete gemäß §§ 566 I, 578 BGB anstelle des Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein. Mit dem Eigentumsübergang entsteht ein neues Mietverhältnis zwischen dem Erwerber des Grundstücks und dem Mieter, allerdings mit dem gleichen Inhalt, mit dem es zuvor mit dem Veräußerer bestanden hatte. Von § 566 BGB erfasst werden allerdings nur solche Rechte und Pflichten, die als mietrechtlich zu qualifizieren sind oder die in untrennbarem Zusammenhang mit dem Mietvertrag stehen. Die Kaution diene der Sicherung von Ansprüchen des Vermieters aus dem Mietverhältnis und sei deshalb untrennbar mit dem Mietverhältnis verbunden. Dem Erwerber stehe folglich gemäß § 566 BGB anstelle des Veräußerers der vor Eigentumsübergang entstandene und fällige Anspruch auf Leistung der Kaution zu. Zudem enthalte § 566a BGB jetzt eine Sonderregelung, nach der der Erwerber kraft Gesetzes in die durch eine vom Mieter geleistete Sicherheit begründeten Rechte und Pflichten eintritt und der Veräußerer nach Mietvertragsende – ohne die Einschränkung des § 566 II 2 BGB – weiterhin subsidiär für die Rückerstattung der geleisteten Sicherheit haftet.

Dem Eintritt der Erwerberin in den Anspruch auf Bestellung der Sicherheit steht nach Auffassung des BGH nicht entgegen, dass der Anspruch bereits zur Zeit des Eigentumswechsels fällig war. Zwar trete mit dem Eigentumsübergang und dem Entstehen eines neuen Mietvertrags mit dem Erwerber gemäß § 566 BGB hinsichtlich der vertraglichen Ansprüche gegen den Mieter eine Zäsur ein. Die schon vorher entstandenen und fällig gewordenen Ansprüche blieben bei dem bisherigen Vermieter und nur die nach dem Zeitpunkt des Eigentumswechsels fällig werdenden Forderungen stünden dem Grundstückserwerber zu. Von der Zäsur würden jedoch grundsätzlich nur solche Ansprüche erfasst, die entweder während der Zeit, in der der Veräußerer Vermieter war oder in der der Erwerber Vermieter ist, entstanden und fällig geworden sind und die dementsprechend nur einem von beiden zuzuordnen sind. Eine solche zeitliche Zäsur gelte für einen schon vor Eigentumsübertragung entstandenen und fälligen Anspruch auf Leistung der Kaution nicht. Zweck dieses Anspruchs sei die Sicherung aller Ansprüche des Vermieters während der gesamten Dauer des Mietvertrages. Dazu gehörten auch die Ansprüche des Erwerbers aus dem mit gleichem Inhalt entstandenen Mietvertrag.

Praxishinweis

Die Auffassung des BGH, wonach der Erwerber in den vor Eigentumsübergang entstandenen und fälligen Anspruch auf Leistung der Kaution eintritt, entspricht der ganz h.M. (MünchKomm/Häublein, BGB, 6. Aufl. § 566 Rn. 34, § 566a Rn. 10; Staudinger/Emmerich, BGB, 13. Aufl., § 566 BGB Rn. 4; Schmidt-Futterer/Streyl, Mietrecht, 10. Aufl. § 566 BGB Rn. 103, § 566a BGB Rn. 10; Kraemer, NZM 2001, 736, 742; Börstinghaus, NZM 2004, 481, 485; a.A. Palandt/Weidenkaff, BGB, 71. Aufl. § 566 Rn. 17). Umstritten ist allerdings, wann und in welcher Höhe der Anspruch auf Leistung der Kaution auf den Erwerber übergeht. Nach einer Ansicht steht der Anspruch dem Veräußerer auch nach Eigentumsübergang trotz § 566 BGB solange zu, bis seine sämtlichen noch möglichen Forderungen aus dem Mietvertrag befriedigt sind. Erst danach tritt der Erwerber in den dann noch bestehenden Anspruch ein (Staudinger/Emmerich, a.a.O., § 566 BGB Rn. 4, 11; Palandt/Weidenkaff, a.a.O., Einf. vor § 535 Rn. 122, § 566 Rn. 17, Scheuer in: Bub/Treier Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 3. Aufl. Kap. V Rn. 268; OLG Frankfurt, Urteil vom 15.04.2011 – 2 U 192/10, ZMR 2011, 870 z. § 566a BGB, Anm. Bub/von der Osten, FD-MietR 2011, 308314). Nach a.A. geht der Anspruch auf Sicherheitsleistung mit dem Eigentumsübergang in der zu diesem Zeitpunkt bestehenden Höhe auf den Erwerber über (MünchKomm/Häublein, a.a.O., § 566 a Rn. 10, § 566 Rn. 34; Blank/Börstinghaus, Miete, 3. Aufl. § 566a Rn. 3, § 566 Rn. 53; Kraemer NZM 2001, 737, 742; Börstinghaus, NZM 2004, 481, 485). Dem Veräußerer steht wegen eines erst danach entstehenden Befriedigungsrechts kein eigener Anspruch auf Leistung der Sicherheit mehr zu. Der BGH hat diese Frage offen gelassen, weil die Kläger unstreitig keine eigenen Forderungen gegen den Beklagten mehr hatten. Der Anspruch auf Leistung der Kaution war deshalb gemäß §§ 566, 578 BGB i.V.m. dem Mietvertrag in vollem Umfang auf die Erwerberin übergegangen.

BGH, Urteil vom 25.07.2012 – XII ZR 22/11 (KG)