Darlegungslast bei der Anfechtung

von | Samstag, 03.01.2015 | Allgemein

Es ist grundsätzlich Sache des anfechtenden Wohnungseigentümers, nach gegebenenfalls erfolgter Einsichtnahme in die Verwaltungsunterlagen, konkret vorzutragen, welche Kosten aus der Jahresabrechnung falsch zugeordnet bzw verteilt wurden. Dies hat das Landgericht Düsseldorf entschieden (vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 02.07.2014 – 25 S 7/14)

Den Wortlaut der Entscheidung finden Sie nachfolgend

Die Berufung der Kläger gegen das am 11. Dezember 2013 verkündete Urteil des Amtsgerichts Krefeld – 14 C 58/13 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden den Klägern auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitgegenstand des Berufungsverfahrens: 7.114,10 €

Gründe

I.

Die Parteien sind die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft D, deren Verwalterin die Beigeladene ist.

In der Eigentümerversammlung vom 29. April 2013 (Protokoll Bl. 3ff. GA) sind unter TOP 2 die Abrechnung 2012 und unter TOP 7 der Wirtschaftsplan 2013 beschlossen worden.

Nach teilweiser Klagerücknahme hinsichtlich der Anfechtung der Beschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 3, 4, 5 und 6 haben die Kläger zuletzt erstinstanzlich beantragt,

die Beschlüsse zu TOP 2 und 7 der Eigentümerversammlung vom 29. April 2013 für ungültig zu erklären.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil wird im Übrigen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Die Amtsrichterin hat durch das angegriffene Urteil vom 11. Dezember 2013 die Klage abgewiesen. Die Amtsrichterin hat ausgeführt, dass entgegen der Auffassung der Kläger auch ggf. unberechtigte Ausgaben in die Jahresabrechnung einzustellen seien. Eine unzutreffende Verteilung in den Einzelabrechnungen sei ebenfalls nicht erfolgt, da der allgemeine Kostenverteilungsschlüssel angewandt worden sei und Ersatzansprüche nicht unstreitig oder rechtskräftig festgestellt worden seien.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Kläger.

Die Kläger beantragen,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die auf der Eigentümerversammlung vom 29. April 2013 unter den Tagesordnungspunkten 2 und 7 gefassten Beschlüsse für unwirksam zu erklären.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Kläger ist zulässig. Sie wurde form- und fristgerecht eingelegt. Die Berufungsbegründung genügt den formellen Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO.

Die Kläger rügen eine Rechtsverletzung des Amtsgerichts, die als zutreffend unterstellt rechtserheblich wäre. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts entsprächen die Beschlüsse zu TOP 2 und 7 der Eigentümerversammlung vom 29. April 2013 nicht ordnungsgemäßer Verwaltung.

III.

Die Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Der Beschluss zu TOP 2 der Eigentümerversammlung vom 29. April 2013 entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung.

Eine Jahresgesamtabrechnung ist grundsätzlich in der Form einer einfachen Einnahmen- und Ausgabenüberschussrechnung allein bezogen auf das Wirtschaftsjahr darzustellen. Es sind nur die tatsächlichen, im Geschäftsjahr eingegangenen Gesamteinnahmen und die tatsächlich geleisteten Gesamtausgaben zu erfassen und gegenüberzustellen. In die Gesamtabrechnung sind auch solche Ausgaben einzustellen, die der Verwalter unberechtigterweise aus Mitteln der Gemeinschaft getätigt hat, da nur bei einer solchen Handhabung von einer vollständigen, lückenlosen und rechnerisch richtigen Abrechnung gesprochen werden kann (Bundesgerichtshof, Urteil vom 4. März 2011, – V ZR 156/10). Die Jahresabrechnung muss vollständig, übersichtlich und verständlich gegliedert sein. Eigentümern muss es möglich sein, ihre Abrechnung auch ohne Beistand eines Fachmannes/Sachverständigen überprüfen, verstehen und nachvollziehen zu können. Sollpositionen haben in der Jahresabrechnung grundsätzlich keinen Platz (BayObLG NZM 2002, 531).

Die rechnerische Schlüssigkeit der Jahresabrechnung besteht nur dann, wenn der Saldo zwischen den tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben mit dem Saldo der Kontenstände zum Jahresanfang und zum Jahresende übereinstimmt (OLG Hamm, ZWE 2001, 446, 448). Die Darstellung der tatsächlichen Geldflüsse ermöglicht durch einen Abgleich mit den Gesamtkontoständen ohne Weiteres die Überprüfung der rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung (Bundesgerichtshof, Urteil vom 17. Februar 2012, – V ZR 251/10).

In die streitgegenständliche Gesamtjahresabrechnung sind somit zu Recht alle von der Verwaltung getätigten Ausgaben, auch diejenigen bezüglich der gerügten Positionen Hausmeister/Gartenpflege, Wasser/Kanal/Strom, Aufzugskosten und Reparaturen Haus 101 eingestellt worden.

Auch die Verteilung der Kosten auf die einzelnen Wohnungseigentümer ist beanstandungsfrei erfolgt.

Die Kammer schließt sich den Ausführungen der Amtsrichterin in Bezug auf die Kosten für Hausmeister/Gartenpflege sowie Wasserkosten uneingeschränkt an. Die Kläger haben auch in der Berufungsinstanz eine Konkretisierung der angeblich für einzelne Miteigentümer oder Mieter erbrachten Leistungen nicht vorgenommen.

Für die einzelnen Stromzähler haben die Beklagten die betreffenden Abrechnungen zur Akte gereicht (Bl. 64ff GA).

Hinsichtlich der Aufzugskosten sind allein das Haus 101 betreffende Ausgaben eingestellt worden:

→ 1/3 der Rg. Fa. E vom 2.1.2012 über 1.445,85 € (Bl. 44 GA) = 481,95 € (Bl. 45 GA) und dieser Betrag wird eingesetzt (Bl. 43 GA)

→ Rg. TÜV Rheinland „F Str. 101“: 121,38 € (Bl. 46 GA)

→ Rg. TÜV Rheinland „F Str. 101“: 188,97 € (Bl. 47 GA)

Hinsichtlich der Reparaturkosten ist der Kontoauszug übermittelt worden (Bl. 49 GA). Die Kläger hätten nach Einsicht bei der Verwaltung substantiiert vortragen müssen, welche Positionen nicht das Haus 101 betreffen.

Die Kammer hat bereits mehrfach entschieden, dass es grundsätzlich Sache des anfechtenden Wohnungseigentümers ist, nach ggf. erfolgter Einsichtnahme konkret vorzutragen. Nur für den Fall, dass eine Einsichtnahme am Ort der Verwaltung verweigert worden wäre, wäre einem solchem Vortrag ggf. auch ohne weitere Konkretisierung nachzugehen (vgl. Landgericht Düsseldorf, ZMR 2012, 805).

Jedem Wohnungseigentümer steht das Recht zu, Einsicht in die Verwaltungsunterlagen bei der WEG-Verwaltung zunehmen (vgl. BGH, NJW 2011, 1137 = WuM 2011, 314).

Als Wohnungseigentümer hat der Wohnungseigentümer nach §§ 675, 666 BGB i. V. m. dem Verwaltervertrag einen Anspruch gegen die Verwalterin auf Gewährung von Einsicht in sämtliche Verwaltungsunterlagen. Ob es sich dabei um ein aus dem Anspruch auf Abrechnung (§ 28 Abs. 3 WEG) und Rechnungslegung (§ 259 BGB) abgeleitetes Recht handelt (s. nur OLG München, NZM 2006, 512; 2007, 691; vgl. auch BGHZ 10, 385, 386 f.), oder ob das Einsichtsrecht auf der analogen Anwendung der Vorschriften in § 24 Abs. 6 Satz 3, Abs. 7 Satz 8 WEG (Riecke/Schmid/Abramenko, Wohnungseigentumsrecht, 3. Aufl., § 28 Rn. 147) oder in § 716 Abs. 1 BGB (Staudinger/Bub, BGB [2005], § 28 WEG Rn. 607) beruht, ist ohne Belang. Da die Einsichtnahme auch der Überprüfung der Verwaltertätigkeit dient, besteht das Einsichtsrecht nach der bestandskräftigen Genehmigung der Abrechnung und nach der Entlastung des Verwalters fort (BayObLG, NZM 2000, 873, 874). Es unterliegt keinen weiteren Voraussetzungen (OLG Köln, NZM 2006, 702) wie z. B. einem besonderen rechtlichen Interesse des Wohnungseigentümers (BayObLG, NZM 2003, 905) oder einer Ermächtigung durch die übrigen Wohnungseigentümer (Greiner, Wohnungseigentumsrecht, 2. Aufl., Rn. 1673; Riecke/Schmid/Abramenko, a. a. O., Rn. 149). Nur das Verbot des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) und das Schikaneverbot (§ 226 BGB) begrenzen das Einsichtsrecht (Timme/Batschari, WEG, § 28 Rn. 76).

Dass den Klägern vorliegend die Einsichtnahme am Ort der Verwaltung in die Unterlagen, insbesondere Rechnungen etc. verwehrt worden und ihnen deshalb ein konkreterer Vortrag zu einer unzutreffenden Einstellung in die Jahresabrechnung bzw. Verteilung in den Einzelabrechnungen nicht möglich sei, haben die Kläger nicht vorgetragen.

Der Beschluss zu TOP 7 der Eigentümerversammlung vom 29. April 2013 entspricht ebenfalls ordnungsgemäßer Verwaltung, da er sich an den Ansätzen in der Jahresabrechnung 2012 orientiert.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung bezüglich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert, § 543 Abs. 2 ZPO.