Der Berliner Mietendeckel: Was ist mit dem Inkrafttreten zu tun?

von | Mittwoch, 04.03.2020 | Allgemein

Das sog. Berliner Mietendeckelgesetz ist am 23.02.2020 in Berlin in Kraft getreten. § 5 des Gesetzes („Überhöhte Mieten“) tritt neun Monate nach der Verkündung, mithin am 23.11.2020, in Kraft. Durch das Inkrafttreten des Gesetzes ist ab sofort Folgendes zu beachten:

Das Gesetz sieht einen Mietenstopp vor. Die Mieten werden auf dem Stand eingefroren, den sie am 18. Juni 2019 hatten. Mieterhöhungen sind nicht zulässig.
Soweit die Miete in der Zeit vom 18. Juni 2019 bis zum Inkrafttreten des Gesetzes erhöht worden ist, muss die Zahlung der Miete auf den Betrag beschränkt werden, den die Miete am 18. Juni 2019 hatte. Wenn der Vermieter eine höhere Miete als die am 18. Juni 2019 vereinbarte Miete fordert oder entgegennimmt, liegt eine Ordnungswidrigkeit vor, die mit einem Bußgeld bis zu 500.000,00 EUR geahndet werden kann. Um dies zu vermeiden, sind ab sofort folgende Dinge zu beachten:

  • Was ist ab sofort zu beachten

1.1 Abschluss eines neuen Mietvertrages

Wenn ein neuer Mietvertrag abgeschlossen werden soll, darf ab sofort grundsätzlich nur noch die nach dem Mietendeckel zulässige Miete von dem Mieter gefordert und entgegengenommen werden. Dies bedeutet allerdings nicht, dass nur diese Miete im Mietvertrag als zulässig vereinbart werden darf, sondern es sollte im Mietvertrag die nach der Mietpreisbremse zulässige Miete vereinbart werden unter Hinweis darauf, dass solange der Mietendeckel in Kraft ist, nur die nach dem Mietendeckel zulässige Miete gefordert und entgegen genomnen wird.

1.2 Beschränkung der Mietzahlung

Keine Mieterhöhung seit dem 18. Juni 2019
Wenn die Miete nach dem 18. Juni 2019 nicht erhöht wurde, war bis zum 23.11.2020 zunächst nichts weiter zu veranlassen. Die Miete konnte bis zu diesem Zeitpunkt weiterhin gefordert, musste allerdings ab dem 1. Dezember 2020 herabgesetzt werden, sofern die höchstzulässige Mieter überschritten worden ist.

Mieterhöhung nach dem 18. Juni 2019
Wenn die Miete nach dem 18. Juni 2019 erhöht wurde, darf die Miete seit März 2020 nur in der Höhe gefordert und entgegengenommen werden, die am 18. Juni 2019 vereinbart war. Die Vereinbarung über die Mieterhöhung bleibt allerdings bestehen. Nur die Zahlung wird herabgesetzt.

Es handelt sich insbesondere um folgende Fälle:

■ Einvernehmliche Anhebung nach § 557 BGB,
■ Anhebung der Miete gem. § 558 BGB auf die ortsübliche Vergleichsmiete und Zustimmung des Mieters nach dem 18. Juni 2019,
■ Modernisierungsmieterhöhung nach § 559 BGB; wenn die Modernisierungsmaßnahmen nach dem 18. Juni 2019 durchgeführt wurden, kann die erhöhte Miete weiterhin insoweit gefordert werden, als die Erhöhung 1 €/m² nicht übersteigt.
■ Staffelmieten,
■ Indexmieten.

Bei Staffel- und Indexmieten ist die Miete maßgeblich, die am 18. Juni 2019 geschuldet war.
Hat der Mieter eine Einziehungsermächtigung/einen SEPA-Lastschrifteinzug erteilt und zieht der Vermieter die Miete im Wege einer Lastschrift ein, muss der Vermieter den Betrag auf die am 18. Juni 2019 vereinbarte (ggf. bei Moderniserungsumlage nach dem 18. Juni 2019 maximal um 1 €/m2 erhöhte) Miete entsprechend herabsetzen.
Wenn der Mieter die Miete überweist, muss ihn der Vermieter informieren, dass die Miete ab März 2020 nur noch in der Höhe zu zahlen ist, die für den Monat Juni 2019 vereinbart war.

ACHTUNG: KEINESFALLS SOLLTE DER VERMIETER DIE VEREINBARTE MIETE VERTRAGLICH HERABSETZEN! Denn das Gesetz verlangt nur die Beschränkung DER ZAHLUNG.

1.3 Wenn Mieter „zu viel“ zahlen

Wahrscheinlich werden einige Mieter die Miete trotz entsprechender Hinweise des Vermieters in der bisherigen Höhe überweisen. Ob der Vermieter verpflichtet ist, den überzahlten Betrag zurückzuüberweisen, ist derzeit noch nicht geklärt. Möglicherweise reicht es aus, wenn der Betrag nicht als gezahlte Miete verbucht wird, sondern als Sicherheitsleistung für eine etwaige Nachforderung der Miete. Aber das ist, wie so manche andere Frage, die sich aus dem Mietendeckel ergibt, bislang noch nicht hinreichend geklärt.

  • Bis Mitte/Ende April 2020

Innerhalb von zwei Monaten nach Inkrafttreten des MietenWoG Bln, also bis zum 23. April 2020, müssen Vermieter ihre Mieter gem. § 6 Abs. 4 MietenWoG Bln unaufgefordert über die Tatsachen informieren, die zur Berechnung der Mietobergrenze erforderlich sind. Dies sind

■ das Baujahr (der Wohnung),
■ ob die Wohnung über eine Sammelheizung und/oder ein Bad verfügt,
■ ob sie in einem Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen liegt und
■ ob sie über eine moderne Ausstattung i.S.d. § 5 Abs. 3 verfügt,
■ ob eine Modernisierung i.S.d. § 7 MietenWoG Bln nach dem 18. Juni 2019 durchgeführt wurde.

Da lediglich Auskunft über die zur Berechnung der Mietobergrenze erforderlichen Umstände erteilt werden muss und vom Vermieter nicht gefordert ist, die Berechnung selbst vorzunehmen, muss auch kein bestimmter Betrag genannt werden, sondern es genügt die Mitteilung des Vermieters, ob die Wohnung über eine moderne Ausstattung verfügt.

Die dafür maßgeblichen Merkmale müssen nicht dargelegt werden.

Eine moderne Ausstattung liegt gemäß § 6 Abs. 3 vor, wenn der Wohnraum mindestens drei der folgenden fünf Merkmale aufweist:

■ schwellenlos von der Wohnung und vom Hauseingang erreichbarer Aufzug,
■ Einbauküche,
■ hochwertige Sanitärausstattung,
■ hochwertiger Bodenbelag in der überwiegenden Zahl der Wohnräume,
■ Energieverbrauchskennwert von weniger als 120 kWh/(m² a).

Diese Merkmale dürften in der Regel für sämtliche Wohnungen eines Hauses gleich sein. In diesen Fällen könnte es genügen, die Mitteilung durch Aushang im Treppenhaus bekannt zu machen; empfehlenswert ist das nicht. Sicherer ist es, alle Mieter anzuschreiben. Soweit die Merkmale für einzelne Wohnungen abweichen, ist es sowieso erforderlich, dies jedem Mieter individuell bekanntzugeben.

  • Am 23. November 2020

Neun Monate nach Inkrafttreten des MietenWoG Bln ist die Regelung über eine Absenkung der Miete in Kraft getreten. Dies war der 23. November 2020. Die ab Dezember 2020 zu zahlende Miete muss der Vermieter von sich aus und unaufgefordert auf die sog. Kappungsgrenze absenken. Die Kappungsgrenze ist nach § 5 Abs. 1 MietenWoG Bln in der Weise zu berechnen, dass die Mietobergrenze zunächst um einen Zu- oder Abschlag nach Wohnlage zu korrigieren und dann um 20 % zu erhöhen ist. Da die Wohnlage erst noch von der Senatsverwaltung festgelegt wird, kann man die Kappungsgrenze derzeit noch nicht errechnen, aber man sollte sich am derzeit gültigen Berliner Mietspiegel 2019 orientieren.

  • Vermietung nach dem Inkrafttreten des Berliner MietenWoG Bln

Wenn Vermieter nach Inkrafttreten des MietenWoG Bln einen neuen Mietvertrag abschließen, unterliegt die Höhe der Miete gem. § 4 MietenWoG Bln zwei Begrenzungen. Die Miete darf die Tabellenmiete des § 6 und die am 18. Juni 2019 geltende Stichtagsmiete nicht überschreiten.

Es ist also der niedrigere der beiden Werte maßgeblich!

Hat der Vermieter die Wohnung nach dem 18. Juni 2019 modernisiert und mindestens eine der „privilegierten“ Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt, erhöht sich die Tabellenmiete des § 6 um 1 €/m².
Will der Vermieter erreichen, dass er nach einem planmäßigen Auslaufen des Gesetzes von da an und bei einer Aufhebung des Gesetzes durch das BVerfG rückwirkend die volle, nach dem BGB zulässige Miete erhält, sollte er die Vorschrift des § 4 MietenWoG Bln dahingehend verstehen, dass diese nicht die Vereinbarung der Miete begrenzt, sondern lediglich die Geltendmachung und Forderung der vereinbarten Miete. Danach darf der Vermieter bei Abschluss eines neuen Mietvertrages auch nach Inkrafttreten des Gesetzes diejenige Miete vereinbaren, die nach dem BGB zulässig ist. Dies sind entweder 110 % der ortsüblichen Vergleichsmiete oder die höhere Vormiete, bei einer umfassenden Modernisierung die nach § 5 WiStG zulässige Miete. Durch § 4 des MietenWoG Bln wird der Vermieter lediglich gezwungen, die Forderung der vereinbarten Miete und den zu zahlenden Betrag auf die nach § 4 zulässige Höhe zu beschränken. Durch entsprechende Hinweise im Vertrag sollte der Mieter darauf hingewiesen werden, dass er bei einer Aufhebung des Gesetzes den Differenzbetrag zwischen der vereinbarten Miete und dem gem. § 4 eingeschränkten Zahlbetrag nachzahlen muss.

Dies kann der Vermieter gefahrlos tun, weil nach § 11 Nr. 4 MietenWoG Bln eine Ordnungswidrigkeit nur vorliegt, wenn der Vermieter eine über der Mietobergrenze liegende Miete fordert oder entgegennimmt.
Zwar ist nach § 4 MietenWoG Bln eine Miete, die die Mietobergrenze überschreitet, verboten. Dies heißt aber nicht, dass die Vereinbarung einer solchen Miete verboten ist, sondern besagt lediglich, dass der die Mietobergrenze übersteigende Teil der Miete gem. § 134 BGB unwirksam ist. Wenn das MietenWoG Bln aufgehoben wird oder planmäßig auslaufen sollte, entfällt diese Wirkung, so dass die vereinbarte Miete rückwirkend in vollem Umfang wirksam ist bzw. wirksam wird.

Da in Berlin die Mietpreisbremse u. U. nicht ordnungsgemäß bekanntgegeben wurde (ein Revisionsverfahren liegt beim BGH, das Landgericht Berlin hält sie aber in Berlin für wirksam, LG Berlin (66. Berufungskammer), Urteil vom 29.01.2020 – 66 S 143/19), könnte der Vermieter möglicherweise sogar 120 % (statt 110 % oder höhere Vormiete) der ortsüblichen Vergleichsmiete vereinbaren. § 5 WiStG ist in jedem Fall zu beachten.

Der vom Mieter zu zahlende Betrag muss aber unbedingt auf die Mietobergrenze nach dem MietenWoG Bln beschränkt werden. Die Mietobergrenze ist zweifach begrenzt. Es gilt der niedrigere Wert aus der am 18. Juni 2019 vereinbarten Miete und der Tabellenmiete gem. § 6 und § 7 MietenWoG Bln Berlin.

Bei Abschluss eines neuen Mietvertrages muss der Vermieter dem neuen Mieter die Mietobergrenze nach den §§ 7, 6 MietenWoG Bln und die am 18. Juni 2019 geltende Stichtagsmiete mitteilen. Diese Information muss man vor Unterzeichnung des Mietvertrages geben, am besten in dem Mietvertrag selbst. Auf Verlangen muss der Vermieter diese Auskunft auch der für das Wohnungswesen zuständigen Senatsverwaltung geben. Erteilt er die Auskunft nicht, nicht richtig oder nicht vollständig, begeht er nach § 11 Nr. 3 MietenWoG Bln eine Ordnungswidrigkeit.

  • Modernisierung

Aufgrund des MietenWoG Bln ist eigentlich jede Erhöhung der Miete verboten. Um bei Modernisierungen zumindest eine kleine Mieterhöhung nach § 559 BGB zu ermöglichen, lässt das Gesetz zu, die Stichtagsmiete (§ 3 MietenWoG Bln) und die Tabellenmiete (§ 6 MietenWoG Bln) um 1 €/m² erhöhen, wenn der Vermieter folgende Maßnahmen durchgeführt hat:

Modernisierungsmaßnahmen,

  1. zu denen der Vermieter aufgrund eines Gesetzes verpflichtet ist,
  2. zur Wärmedämmung der Gebäudehülle, der Kellerdecke, der obersten Geschossdecke oder des Daches,
  3. zur Nutzung erneuerbarer Energien,
  4. zur energetischen Fenstererneuerung,
  5. zum Heizanlagenaustausch mit Heizanlagenoptimierung,
  6. zum Aufzugsanbau oder
  7. zum Abbau von Barrieren durch Schwellenbeseitigung, Türverbreiterung oder Badumbau.

Mehrfache Modernisierungsmaßnahmen während der Geltung des MietenWoG Bln führen insgesamt nur zu der Erhöhung um 1 €/m². Im Ergebnis darf die Miete gemäß § 559 BGB nur um höchstens 1 €/m² erhöht werden.
Die Modernisierungsmieterhöhung muss der Vermieter der Investitionsbank Berlin elektronisch oder schriftlich anzeigen. Am einfachsten geschieht dies durch Übersendung einer Kopie der Mieterhöhungserklärung.
Hat der Vermieter die Modernisierungsmaßnahme zwischen dem 18. Juni 2019 und dem Inkrafttreten des Gesetzes durchgeführt, muss er die Anzeige an die IBB innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes erstatten.