Entfernung der Parabolantenne

von | Samstag, 15.03.2014 | Mietrecht, Wohnraummietrecht

Das Amtsgericht Hamburg-Harburg hat entschieden, dass ein Mieter verpfichtet ist, eine Parabolantenne zu entfernen und sich generell auf Kabel-TV und Internet verweisen lassen muss, wenn die zusätzlichen Kosten zumutbar sind. Der Mieter ist zur fachgerechten Beseitigung der nicht zu duldenden SAT-Schüssel verpflichtet (vgl. AG Hamburg-Harburg, Urteil vom 11.04.2013 – 650 C 356/12). Lesen Sie hier mehr.

Die Entscheidung lautete im vollen Wortlaut wie folgt:

Amtsgericht Hamburg-Harburg
Az.: 650 C 356/12
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
Verkündet am 11.04.2013
…, Urkundsbeamter/in der Geschäftsstelle
Das Urteil ist rechtskräftig
Urkundsbeamter der Geschäftsstelle …
In dem Rechtsstreit
…, vertreten durch …
– Klägerin –
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …
gegen

– Beklagte –
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …
wegen Beseitigung
erkennt das Amtsgericht Hamburg-Harburg – Abteilung 650 – durch die Richterin am Amtsgericht … am 11.04.2013 aufgrund des Sachstands vom 22.03.2013 für Recht:
Die Beklagten wird verurteilt, die auf der Rasenfläche installierte Parabolantenne der Wohnung … zu entfernen und die durch das Anbringen bzw. Entfernen der Parabolantenne etwaig entstandenen Schäden am Fenster und im Rasenbereich unter Vorlage einer Bestätigung einer Fachfirma über die fachgerechte und ordnungsgemäß Beseitigung beseitigen zu lassen.
Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von der Vergütungsrechnung Nr. … des Rechtsanwalts … vom 13.9.2012 in Höhe von € 186,24 freizuhalten.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbarer Beklagte kann die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit oder Hinterlegung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Beseitigung einer Parabolantenne.
Die aus Polen stammende Beklagte bewohnt mit ihrer Familie, sie hat Kinder, die im Erdgeschoß der … gelegene und von der Klägerin vermietet Wohnung. Die Wohnung ist an das Breitbandkabelnetz angeschlossen. Die gewünschten Lernprogramme TV P1 und 2, TV Kultura, TV P Historia und MiniMini für ihre Kinder zum Erlernen der polnischen Sprache sind über das installierte Kabel nicht empfangen, jedoch im Internet verfügbar.
An der Trennwand der Terrasse zur Nachbarterrasse hat die Beklagte auf dem Rasen ohne die Zustimmung der Klägerin (§ 11 f Mietvertrag) einzuholen auf einem freistehenden Ständer eine Parabolantenne installiert. Das Kodiaxflachkabel läuft durch die Balkontür. Die Anlage ist weder versichert noch geerdet. Vor dem Gartenstück befindet sich eine gemeinsam von allen Mietern der Anlage genutzte Grünfläche.
Einfache und anwaltliche Beseitigungsaufforderung der Klägerin blieben erfolglos.
Die Klägerin behauptet, die Antenne sei gut sichtbar für Dritte, die Metallstange des Ständerwerkes müsse geerdet werden, Blitzschutz sei notwendig. Sie vertritt die Auffassung, eine Zulassung habe Fernwirkung für weitere Mieter.
Die Klägerin beantragt, die Beklagten zu verurteilen,
die auf der Rasenfläche installierte Parabolantenne der Wohnung … zu entfernen und die durch das Anbringen bzw. Entfernen der Parabolantenne etwaig entstandenen Schäden an der/dem Balkontür/Rasenbereich fachgerecht und ordnungsgemäß durch eine Fachfirma unter Vorlage der Rechnung beseitigen zu lassen.
die Klägerin von den Zahlung der Vergütungsrechnung Nr. … des Rechtsanwalts … vom 13.9.2012 in Höhe von € 186,24 freizuhalten
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, die Anlage sei sicher (Stellungnahme B.NET vom 24.1.2013).
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Klägerin steht gemäß § 541 BGB ein Anspruch auf Entfernung der von der Beklagten auf dem Rasen aufgestellten Parabolantenne zu; die Beklagte hat keinen Anspruch auf Duldung einer fachgerechten Installation.
Der Anspruch aus § 541 BGB umfasst auch die Beseitigung eines vom Mieter geschaffenen vertragswidrigen Zustandes. Vorliegend unterfällt die Aufstellung der Parabolantenne nicht mehr dem vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache. Wie das Gericht festgestellt hat, ist die Antenne von öffentlichem Grund aus zwar kaum einsehbar, jedenfalls aber ist sie für die Mieter der Anlage, die die vor dem Garten der Beklagten liegende gemeinsame kleine Grünfläche nutzen dürfen, sichtbar. Je nach Begrünung der Hecke der Beklagten ist sie schwer einsichtig, aber gut zu sehen wenn man auf der relativ kleinen gemeinsam nutzbaren Fläche an der Grundstücksgrenze steht und auf das Haus schaut.
Der Beklagten steht auch unter Berücksichtigung ihres Grundrechts aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 GG kein Anspruch auf Erteilung der Zustimmung gemäß § 11 f des Mietvertrages und Duldung der Antenne durch die Klägerin zu. Die Abwägung des Grundrechts der Beklagten, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten, muss im vorliegenden Fall hinter dem Grundrecht der Vermieterin als Eigentümerin aus Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG zurücktreten. Dabei ist hier die Besonderheit zu beachten, dass der Zugang zu polnischsprachigen Sendern im Allgemeinen nicht strittig ist, sondern dass die Beklagte ihren Anspruch damit begründet, dass sie ihren Kindern 5 bestimmte polnischsprachige Lernprogramme zur Verfügung stellen möchte.
Grundsätzlich ist bei der Entscheidung der Frage, ob der Eigentümer eines Wohnhauses mit Rücksicht auf das dem Mieter zustehende Grundrecht der Informationsfreiheit eine Einschränkung seiner Eigentumsbefugnisse durch Duldung einer Parabolantenne hinnehmen muss, bei dauerhaft in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Ausländer deren besonderes Informationsinteresse zu beachten. Dauerhaft in Deutschland lebende Ausländer haben ein anerkennenswertes Interesse, die Programme ihres Heimatlandes zu empfangen, um sich über das dortige Geschehen zu unterrichten und die kulturelle und sprachliche Verbindung aufrecht erhalten zu können (BGH NZM 2005, 336). Nach der Rechtsprechung des BVerfG kann dem ausländischen Mieter jedoch regelmäßig zugemutet werden, die Kabelanlage statt einer Satellitenempfangsanlage zu nutzen, wenn auf diese Weise Zugang zu den Programmen seiner Sprache besteht und die Zusatzkosten nicht so hoch sind, dass sie nutzungswillige Interessenten typischerweise davon abhalten, das Programmpaket zu beziehen (BVerfG, NZM 2005, 252, 253).
Im vorliegenden Fall ist die Wohnung der Beklagten an das Breitbandkabelnetz angeschlossen, so dass zugleich ein Internetzugang gegeben ist. Über das Internet kann die Beklagte angesichts der Informationen aus dem Internet jedenfalls die Sender TV P1 und 2, TV Kultura und TV P Historia empfangen und damit 4 von 5 gewünschten Sendern. Damit ist das Lern- und Informationsbedürfnis hinreichend berücksichtigt. Der Umstand, dass sie diese Sender eventuell nur auf dem PC und nicht einem Fernsehbildschirm empfangen kann, ändert daran nichts. Das Interesse, die Programme komfortabel zu sehen, steht hinter dem Interesse des Vermieters, das Aufstellen von Parabolantenne auch auf dem Grundstück zu unterbinden und somit eine einheitliche Behandlung aller Mieter herbeizuführen, zurück.
Etwaige Zusatzkosten, die durch die Anschaffung eines Empfangsgeräts entstehen könnten, sind regelmäßig nicht so hoch, dass sie nutzungswillige Interessenten typischerweise davon abhalten, ihr Grundrecht auf Informationsfreiheit auszuüben. Die Kosten übersteigen nicht die Kosten der nach der Rechtsprechung abzuschließenden Haftpflichtversicherung für die Antenne und die der Vermieterin zu hinterlegende Sicherheitsleistung (vgl. die im Rechtsentscheid des OLG Karlsruhe vom 24.08.1993 Az.: 3 ReMiet 2/93 aufgestellten Bedingungen). Bei dieser Sachlage gebührt den Eigentumsinteressen der Klägerseite der Vorrang.
Der Anspruch aus § 541 BGB umfasst auch die fachgerechte Beseitigung entstandener Schäden. Nicht steht der Klägerin zu, dass ihr die Rechnung vorzulegen ist, wohl aber eine Bestätigung einer Fachfirma.
Letztlich hat die Beklagte die Klägerin von den entstandenen Anwaltskosten freizuhalten, da sie den berechtigten Aufforderungen der Klägerin nicht nachgekommen ist.
Die Entscheidung über die Kosten ergeht gemäß § 91 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit gemäß §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.