Gelegentliche Nutzung einer Wohnung kann Eigenbedarf begründen

von | Mittwoch, 26.08.2020 | Mietrecht, WEG-Recht

Die Begründung eines Eigenbedarfs an einer vermieteten Wohnung kann auch dann zulässig sein, wenn der Eigentümer die Wohnung lediglich für einige Wochen im Jahr für sich und seine Familie nutzen will.

Hintergrund

In einem BGH-Verfahren aus dem Jahr 2018 ging es um den Vermieter einer 5-Zimmer-Wohnung in guter Lage in Wiesbaden, der von einem Mieter nach einer Kündigung die Räumung verlangt hatte. Das Haus befindet sich seit vielen Jahren im Familienbesitz und ist durch Erbschaft auf die Kinder des Vermieters übergegangen. Der Vermieter hat Anspruch auf ein Nießbrauchsrecht.

Der Vermieter lebt mit seinen drei Kindern und seinen sechs Enkeln in Finnland. Zwei der Wohnungen in dem Haus nutzen der Vermieter und seine Kinder im Rahmen gelegentlicher Aufenthalte in Wiesbaden. Zudem findet zwei Mal jährlich ein Familienfest statt.

Im August 2014 sprach der Vermieter die Kündigung des Mietverhältnisses wegen Eigenbedarfs aus. Um den Aufenthalt der Familie seiner Kinder für einen befristeten Zeitraum in Wiesbaden sicherzustellen, benötigte er eine weitere Wohnung. Zudem würden in den nächsten Jahren weitere vier Enkel erwartet.

Der Vermieter argumentierte mit der über mehrere Generationen übergreifenden engen Bindung der Familie zu Wiesbaden und der über große Zeiträume wiederholten Aufenthalte seiner Familie in der Stadt. Demnach bestehe ein zulässiger Eigenbedarf.

Die Entscheidung des Gerichts

In seinem Beschluss vom 21.08.2018 (VIII ZR 186/17) befand der Bundesgerichtshof den Eigenbedarf für begründet und die Kündigung für wirksam.

Das Gericht begründete die Entscheidung zunächst mit § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB, wonach es sich bei den Kindern und Enkeln des Vermieters um Familienangehörige entsprechend geltendem Recht handele. Weiterhin stelle die vom Vermieter beabsichtigte Nutzung der Wohnung als Zweit- und Ferienwohnung einen zulässigen Eigenbedarf dar. Für eine Notwendigkeit der Wohnraumnutzung sei es nicht erforderlich, dass der Vermieter oder eine andere Bedarfsperson seinen Lebensmittelpunkt in der Wohnung begründen will. Vielmehr komme es darauf an, ob vernünftige, nachvollziehbare Gründe für den Eigenbedarf sprechen und kein Rechtsmissbrauch vorliegt.

Aufgrund der starken Verbundenheit des Vermieters und seiner Familie zu Wiesbaden sowie dem schon über einen langen Zeitraum im Familienbesitz befindlichen Anwesen und der Größe der Familie liegen vernünftige und nachvollziehbare Gründe vor. Weiterhin ist der Wohnbedarf nach Auffassung des Gerichts nicht überhöht.

Ausnahmen bei sehr kurzer Nutzungsdauer

Handelt es sich hingegen nur um eine kurze Nutzungsdauer, kann der Vermieter unter Umständen keinen Eigenbedarf geltend machen.  Dies entschied etwa das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg in seinem Urteil vom 29.12.2016 (23 C 258/15).

In dem Verfahren hatte ein in Schwerin ansässiger Vermieter Eigenbedarf an seiner in Berlin vermieteten Wohnung angemeldet und dem Mieter gekündigt. Als Begründung gab der Vermieter an, dass er das Haus, in dem die vermietete Wohnung liegt, verwalte und dass hierfür seine Anwesenheit zwei Mal pro Woche erforderlich sei. Bisher sei dies durch einen Aufenthalt im Hotel möglich gewesen, die damit einhergehenden Kosten und Mühen wolle er jedoch künftig vermeiden. Weitere im Haus befindliche Wohnungen seien aufgrund ihrer geringen Größe und schweren Erreichbarkeit nicht geeignet.

Die Mieter räumten die Wohnung trotz der Kündigung nicht. Sie waren der Meinung, dass der Eigenbedarf nicht gerechtfertigt war. Das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg folgte der Argumentation der Mieter und wies die Klage des Vermieters ab. Wie das Gericht begründete, stehe dem Vermieter kein Anspruch auf Rückgabe und Räumung der Wohnung gem. § 546 Abs.1 BGB zu, da seine Eigenbedarfskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB nicht greife.

So könnten eine teilgewerbliche Nutzung und eine bessere Lage zum Arbeitsplatz als Gründe zwar ausreichen, doch seien diese in Abwägung mit den Interessen des Mieters nicht verhältnismäßig, für den die Wohnung den Mittelpunkt der privaten Existenz darstellt. Auch sei die angegebene Nutzungszeit so kurz, dass der Bedarf durch andere Unterkunftsformen wie Hotels oder Pensionen besser abgedeckt werden könnte.