Rückgabe einer Mietwohnung mit farbigem Anstrich

von | Sonntag, 12.01.2014 | Allgemein, Mietrecht, Wohnraummietrecht

Der Mieter ist gemäß §§ 535, 241 II, 280 I BGB zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er eine in neutraler Dekoration übernommene Wohnung bei Mietende in einem ausgefallenen farblichen Zustand zurückgibt, der von vielen Mietinteressenten nicht akzeptiert wird. Dies hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 06.11.2013 zum Az. VIII ZR 416/12 (LG Gießen) entschieden. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Beklagten waren Mieter einer Doppelhaushälfte der Klägerin. Sie hatten das Objekt in weißer Farbe frisch renoviert übernommen, strichen danach einzelne Wände des Mietobjekts in kräftigen Farben (rot, gelb, blau) und gaben es in diesem Zustand bei Mietende zurück. Die Klägerin ließ die farbig gestalteten Wände zunächst mit Haftgrund und dann alle Wand- und Deckenflächen zweimal mit Wandfarbe überstreichen. Sie begehrt nunmehr Zahlung des hierfür aufgewendeten Betrages.

Nach der Auffassung des Bundesgerichtshofs sind die Beklagten wegen der Rückgabe des – mit neutral gestrichenen Wänden übernommenen – Mietobjekts in einem ausgefallenen farblichen Zustand, der eine Neuvermietung der Wohnung praktisch unmöglich machte, weil er für viele Mieter nicht akzeptabel ist, gegenüber der Klägerin schadensersatzpflichtig. Das vertragswidrige Verhalten (§§ 535, 280 I, 241 II, 242 BGB) der Beklagten bei Beendigung des Mietverhältnisses bestehe darin, dass sie die Pflicht, auf das berechtigte Interesse der Klägerin an einer baldigen Weitervermietung der zurückgegebenen Doppelhaushälfte in der gebotenen Weise Rücksicht zu nehmen, verletzt haben. Eine ungewöhnliche Farbwahl bei der Dekoration einzelner Räume führe zu einer vom Vermieter nicht hinzunehmenden Verschlechterung der zurückgegebenen Mieträume, wenn eine Weitervermietung der Wohnung in diesem Zustand praktisch unmöglich ist. Der Vermieter habe vor dem Hintergrund einer beabsichtigten Weitervermietung ein Interesse daran, die Wohnung am Ende des Mietverhältnisses mit einer Dekoration zurückzuerhalten, die von möglichst vielen Mietinteressenten akzeptiert wird, weshalb der Mieter nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB gehalten ist, eine von ihm angebrachte ungewöhnliche Dekoration bei Rückgabe der Wohnung wieder zu beseitigen.
Zwar sei die farbliche Gestaltung der Mieträume während der Dauer des Mietverhältnisses dem Mieter überlassen, da sie zum vertragsgemäßen Gebrauch einer angemieteten Wohnung gehört. Er verletze jedoch seine Pflicht zur Rücksichtnahme nach §§ 241 II, 242 BGB, wenn er die in neutraler Dekoration übernommene Wohnung bei Mietende in einem Zustand zurückgibt, der von vielen Mietinteressenten nicht akzeptiert wird. Vermieter und Mieter müssten bei der Gebrauchsüberlassung und Nutzung der Wohnung auf die Interessen des jeweils anderen Vertragspartners Rücksicht nehmen. So habe der Mieter das berechtigte Interesse, die Wohnung während der Mietzeit nach seinem persönlichen Geschmack zu dekorieren, während das berechtigte Interesse des Vermieters dahin geht, die Wohnung bei Beendigung des Mietverhältnisses in einem Dekorationszustand zurückzuerhalten, der dem Geschmack eines größeren Interessentenkreises entspricht und somit einer baldigen Weitervermietung nicht entgegensteht. Der Schaden des Vermieters bestehe darin, dass er die für breite Mieterkreise nicht akzeptable Art der Dekoration beseitigen muss.

Der Bundesgerichtshof hatte sich bereits wiederholt mit sogenannten „Farbwahlklauseln“ zu befassen, die vom Mieter eine Rückgabe des Mietobjekts in einer bestimmten Gestaltung verlangen. Unwirksam ist eine Klausel, welche dem Mieter gebietet, Schönheitsreparaturen nur „in neutralen, deckenden, hellen Farben und Tapeten“ auszuführen (BGH, Urteil vom 18.06.2008 – VIII ZR 224/07, NZM 2008, 605). Sie schreibt dem Mieter nämlich nicht nur für den Zeitpunkt der Rückgabe, sondern bereits während der Mietzeit vor, wie er die Schönheitsreparaturen auszuführen hat. Gleiches gilt für eine Klausel, welche die Verpflichtung des Mieters zum „Weißen“ der Decken und Oberwände umfasst; unter dem Begriff „weißen“ ist nämlich nicht nur ein Synonym zu streichen, sondern ein Anstrich in der Farbe weiß zu verstehen (BGH, Urteil vom 23.09.2009 – VIII ZR 344/08, NJW 2009, 3716). Unwirksam ist auch eine Klausel, nach der der Mieter Schönheitsreparaturen nur mit Zustimmung des Vermieters abweichend von der bisherigen Ausführungsart ausführen darf (BGH, Urteil vom 28.03.2007 – VIII ZR 199/06, NJW 2007, 1743).

Unwirksam sind Klauseln, wonach bei der Ausführung von Schönheitsreparaturen im laufenden Mietverhältnis die Türblätter, Türrahmen, Fensterflügel und Fensterrahmen nur weiß lackiert werden dürfen (BGH, Urteil vom 20.01.2010 – VIII ZR 50/09, NZM 2010, 236). Sie verpflichtet nämlich den Mieter, auch während der Mietzeit zu einer Dekoration in einer ihm vorgegebenen Farbe und schränke ihn dadurch in der Gestaltung seines persönlichen Lebensbereichs ein, ohne dass dafür ein anerkennenswertes Interesse des Vermieters besteht.

Wirksam ist hingegen eine Klausel, die den Mieter verpflichtet, bei Rückgabe der Mietsache bestimmte farbliche Vorgaben, etwa bei der Gestaltung der Holzteile einzuhalten (BGH, Urteil vom 22.10.2008 – VIII ZR 283/07, NJW 2009, 6). Zwar wird sich ein wirtschaftlich vernünftig denkender Mieter schon während des laufenden Mietverhältnisses bei einem erforderlich werdenden Neuanstrich der Holzteile von der Überlegung leiten lassen, dass er bei der Wahl einer farblichen Gestaltung, die nicht der für den Zeitpunkt der Rückgabe vereinbarten entspricht, Gefahr läuft, bei seinem Auszug den Anstrich erneuern zu müssen, auch wenn dies nach dem Grad der Abnutzung noch nicht erforderlich wäre. Die daraus resultierende faktische Einschränkung der – grundsätzlich anzuerkennenden – Freiheit des Mieters, sich in den Mieträumen nach seinem Geschmack einzurichten, ist jedoch hinzunehmen, da dem Vermieter ein anerkennenswertes Interesse daran nicht abgesprochen werden kann, die Wohnung am Ende des Mietverhältnisses mit einer Dekoration zurückzuerhalten, die von möglichst vielen Mietinteressenten akzeptiert wird. Der BGH hat dies vorliegend bestätigt.