Störereigenschaft der WEG-Gemeinschaft

von | Samstag, 09.08.2014 | WEG-Recht, Wohnungseigentumsrecht

Das Landgericht Saarbrücken (Urteil vom 04.07.2013, Az.: 5 S 107/13) hat entschieden, dass die Klage des Eigentümers eines beeinträchtigten Nachbargrundstücks auf Beseitigung einer Störung, die von dem Grundstück von Wohnungseigentümern ausgeht, nicht gegen die Wohnungseigentümer als Miteigentümer des störenden Grundstücks zu richten ist, sondern gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft, denn nicht die Miteigentümer, sondern die gemäß § 10 VI WEG teilrechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft ist sowohl für die Einhaltung der Verkehrssicherungspflicht als auch für den ordnungsgemäßen und gefahrfreien Zustand des Grundstücks verantwortlich.

Wirkt sich die Störung des Grundstückseigentums gleichzeitig als Besitzentziehung eines Teils des Grundstücks aus, steht dem Eigentümer des beeinträchtigten Grundstücks sowohl ein Herausgabeanspruch aus §§ 985, 986 BGB als auch ein Beseitigungsanspruch aus § 1004 BGB zu.

Dieser auf das Grundstückseigentum gestützte Herausgabeanspruch verjährt nicht innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist von 3 Jahren, sondern gemäß § 197 I Nr. 2 BGB in 30 Jahren. (Leitsätze des Gerichts)

Das Gericht hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.

Das Landgericht hat die amtsgerichtliche Entscheidung bestätigt und darauf hingewiesen, dass das Amtsgericht mit zutreffender Begründung von der Passivlegitimation der verklagten Wohnungseigentümergemeinschaft ausgegangen sei, da es zutreffend einen gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft gerichteten Beseitigungsanspruch angenommen habe, der hinsichtlich des Holzzaunes sowohl aus § 985 BGB als auch aus § 1004 Abs. 1 BGB begründet ist. § 1004 BGB erfasst zwar nach seinem Wortlaut alle Beeinträchtigungen, die nicht in § 985 BGB geregelt sind. Wenn es sich jedoch – wie vorliegend – nur um eine Teilbesitzentziehung handelt, sind §§ 985 und 1004 BGB nebeneinander anwendbar (vgl. BGH, Urteil vom 17. September 1954 – V ZR 35/54 -, juris; Palandt/Bassenge, BGB, 72. Auflage, § 1004 BGB Rnr. 5).

Der Beseitigungsanspruch aus § 1004 BGB richtet sich nicht unbedingt gegen den Eigentümer des Nachbargrundstücks, von dem die Beeinträchtigungen ausgehen, er richtet sich gegen den Störer. Die Störereigenschaft im Sinne dieser Vorschrift ergibt sich nicht allein aus dem Eigentum oder aus dem Besitz an dem Grundstück, von dem die Einwirkung ausgeht (vgl. BGH, Urteil vom 01.04.2011 – V ZR 193/10 – Juris Rnr. 12). Verantwortlich für die Beseitigung der Störung ist derjenige, der zur Verhinderung möglicher Beeinträchtigungen verpflichtet ist (vgl. BGH a. a. O., m. w. N.). Diese Sicherungspflicht folgt nicht aus dem Grundstückseigentum, sondern aus der Herrschaft und der Verantwortlichkeit für die Gefahrenlage (vgl. dazu Bärmann/Klein, WEG, 11. Auflage, § 10 WEG, Rnr. 234 m. w. N.; Wenzel, ZWE 2009, 57, 59, Palandt/Bassenge, a. a. O., § 10 WEG, Rnr. 27). Diese Verantwortung für den Zustand des im Gemeinschaftseigentum stehenden Grundstückes ist von Gesetzes wegen der Wohnungseigentümergemeinschaft auferlegt. Gemäß § 10 Abs. 6 S. 3 WEG übt sie die gemeinschaftsbezogenen Rechte der Wohnungseigentümer aus und sie nimmt die gemeinschaftsbezogenen Pflichten der Wohnungseigentümer wahr.

Daraus folgt, dass nicht die Miteigentümer, sondern die gemäß § 10 Abs. 6 WEG teilrechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft selbst für die Einhaltung der Verkehrssicherungspflichten (vgl. dazu Jennißen, WEG, 2. Auflage, § 10 WEG Rnr. 66 m. w. N.) und damit auch für den ordnungsgemäßen und gefahrfreien Zustand des Grundstücks verantwortlich ist. Dies betrifft sowohl die streitgegenständlichen Beeinträchtigungen, die von dem Holzflechtzaun ausgegangen sind als auch diejenigen, die durch den Überwuchs des wilden Weines hervorgerufen worden sind.

Es bleibt abzuwarten, ob der BGH das Urteil bestätigen wird.