Unterbrechung eines Rechtsstreits durch ausländisches Insolvenzverfahren ZPO § 240; EuInsVO Art. 16

von | Sonntag, 09.09.2012 | EU-Insolvenz, Insolvenzrecht

Eine Überprüfung der Zuständigkeit eines ausländischen Gerichts findet bei Art. 16 EuInsVO auch dann nicht statt, wenn vorgebracht wird, bei dem ausländischen Wohnsitz des Schuldners handele es sich um einen Scheinwohnsitz, der lediglich in der Absicht begründet worden sei, das Insolvenzverfahren dort und nicht in Deutschland durchzuführen. Auch über Art. 26 EUInsVO kann der Einwand der fehlenden Zuständigkeit des ausländischen Insolvenzgerichts nicht vorgebracht werden. (OLG Nürnberg, Beschl. v. 15. 12. 2011 − 1 U 2/11)

Sachverhalt

Das Verfahren gegen die Beklagte war auf Beschluss des Senates unterbrochen worden, da über ihr Vermögen in Großbritannien ein Insolvenzverfahren eröffnet worden war. Der Kläger hatte daraufhin die Wiederaufnahme des Verfahrens mit der Begründung beantragt, bei dem in Großbritannien eröffneten Verfahren handele es sich um ein Scheinverfahren. Tatsächlich seien die die Voraussetzungen für eine Verfahrenseröffnung in Großbritannien nicht gegeben, da die Beklagte ihren Wohnsitz nach wie vor n Deutschland habe und es sich bei ihren Anschriften in Großbritannien um Briefkastenadressen handele. Der Antrag wurde abgewiesen.

Rechtliche Bewertung

Nach Ansicht de Senats sind die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 240 S. 1 ZPO, § 352 I 1 InsO im vorliegenden Fall nicht gegeben. Denn weder sei das Insolvenzverfahren durch den Insolvenzverwalter aufgenommen worden, noch habe der Kläger dargelegt, dass nach dem englischen Insolvenzverfahrensrecht das Insolvenzverfahren beendet ist oder eine Fortführung gegen den Insolvenzverwalter nach englischem Recht zulässig wäre.
Auch auf die Behauptung des Klägers, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Großbritannien nicht anzuerkennen sei, könne eine Fortführung des unterbrochenen Verfahrens in Deutschland nicht gestützt werden. Denn die Entscheidung des britischen Gerichts, über das Vermögen der Beklagten ein Insolvenzverfahren zu eröffnen, war wirksam und habe, weil es die Insolvenzmasse betraf, zur Aussetzung des in Deutschland anhängigen Verfahrens führen müssen, wie der Senat in der Begründung seines Beschlusses ausgeführt hatte (Art. 15, 2 a der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 [EuInsVO] in Verbindung mit Anlage A, Durchführungsverordnung [EU] Nr. 210/2010 Anhang I, § 352 I 1 InsO).
Daher sei auch unerheblich, ob die Beklagte nur einen Scheinwohnsitz in Großbritannien habe und die Zuständigkeit des britischen Insolvenzgerichts daher nicht gegeben sei, wie der Kläger behauptet. Denn die Zuständigkeit des deutsche Insolvenzgericht bleibe von einer Wohnsitzverlagerung des Schuldners ins Ausland nach der Eröffnung des Verfahrens gemäß §§ 3, 4 InsO, § 261 III Nr. 2 ZPO unberührt.
Zudem sei bei Art. 16 EUInsVO das deutsche Gericht nicht befugt, die Zuständigkeit des britischen Insolvenzgerichts zur Eröffnung des Verfahrens zu überprüfen, wenn dieses seine Zuständigkeit nach der EuInsVO angenommen hat. Maßgeblich für die Zuständigkeit des Insolvenzgerichts sei alleine, ob dieses seine Zuständigkeit nach Art. 3 EUInsVO annehme. Die Auffassung des Gerichts eines anderen Staates sei demgegenüber rechtlich unerheblich. Eine Überprüfung der Zuständigkeit eines ausländischen Gerichts findet bei Art. 16 EuInsVO auch dann nicht statt, wenn vorgebracht wird, bei dem ausländischen Wohnsitz des Schuldners handele es sich um einen Scheinwohnsitz, der lediglich in der Absicht begründet worden sei, das Insolvenzverfahren dort und nicht in Deutschland durchzuführen. Auch über Art. 26 EUInsVO kann der Einwand der fehlenden Zuständigkeit des ausländischen Insolvenzgerichts nicht vorgebracht werden. (OLG Nürnberg, Beschl. v. 15. 12. 2011 − 1 U 2/11)

Sachverhalt

Das Verfahren gegen die Beklagte war auf Beschluss des Senates unterbrochen worden, da über ihr Vermögen in Großbritannien ein Insolvenzverfahren eröffnet worden war. Der Kläger hatte daraufhin die Wiederaufnahme des Verfahrens mit der Begründung beantragt, bei dem in Großbritannien eröffneten Verfahren handele es sich um ein Scheinverfahren. Tatsächlich seien die die Voraussetzungen für eine Verfahrenseröffnung in Großbritannien nicht gegeben, da die Beklagte ihren Wohnsitz nach wie vor n Deutschland habe und es sich bei ihren Anschriften in Großbritannien um Briefkastenadressen handele. Der Antrag wurde abgewiesen.

Rechtliche Bewertung

Nach Ansicht de Senats sind die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 240 S. 1 ZPO, § 352 I 1 InsO im vorliegenden Fall nicht gegeben. Denn weder sei das Insolvenzverfahren durch den Insolvenzverwalter aufgenommen worden, noch habe der Kläger dargelegt, dass nach dem englischen Insolvenzverfahrensrecht das Insolvenzverfahren beendet ist oder eine Fortführung gegen den Insolvenzverwalter nach englischem Recht zulässig wäre.
Auch auf die Behauptung des Klägers, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Großbritannien nicht anzuerkennen sei, könne eine Fortführung des unterbrochenen Verfahrens in Deutschland nicht gestützt werden. Denn die Entscheidung des britischen Gerichts, über das Vermögen der Beklagten ein Insolvenzverfahren zu eröffnen, war wirksam und habe, weil es die Insolvenzmasse betraf, zur Aussetzung des in Deutschland anhängigen Verfahrens führen müssen, wie der Senat in der Begründung seines Beschlusses ausgeführt hatte (Art. 15, 2 a der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 [EuInsVO] in Verbindung mit Anlage A, Durchführungsverordnung [EU] Nr. 210/2010 Anhang I, § 352 I 1 InsO).
Daher sei auch unerheblich, ob die Beklagte nur einen Scheinwohnsitz in Großbritannien habe und die Zuständigkeit des britischen Insolvenzgerichts daher nicht gegeben sei, wie der Kläger behauptet. Denn die Zuständigkeit des deutsche Insolvenzgericht bleibe von einer Wohnsitzverlagerung des Schuldners ins Ausland nach der Eröffnung des Verfahrens gemäß §§ 3, 4 InsO, § 261 III Nr. 2 ZPO unberührt.
Zudem sei bei Art. 16 EUInsVO das deutsche Gericht nicht befugt, die Zuständigkeit des britischen Insolvenzgerichts zur Eröffnung des Verfahrens zu überprüfen, wenn dieses seine Zuständigkeit nach der EuInsVO angenommen hat. Maßgeblich für die Zuständigkeit des Insolvenzgerichts sei alleine, ob dieses seine Zuständigkeit nach Art. 3 EUInsVO annehme. Die Auffassung des Gerichts eines anderen Staates sei demgegenüber rechtlich unerheblich.